Zu Beusch: Schottland Teil II (Strathisla, Balvenie & Highlander Inn)



Reisebricht Schottland Teil II (14.06.)- Keith/Balvenie/Craiggellachie

Gestärkt durch ein frisch zubereitetes, bombastisches Frühstück (pochierte Eier, Bacon, grilled Tomatos, Bohnen, frisches Obst, etc.) stand der Dienstag voll im Zeichen der "Ausrufezeichen"!





Zunächst: Kurzbesuch bei der ältesten (noch produzierenden) und nebenbei vermutlich schönsten Destille der Speyside: Strathisla!
Und ja, es ist dort wirklich alles so rausgeputzt wie auf den Bildern.





Strathisla Distillery / Keith




Innenhof Strathisla




Wettertechnisch zwar schottisch feucht-grau, aber trotzdem strahlt dieses Bauwerk einen nahezu an. Die beiden "Pagoden"-Dächer laden zum langen fotografieren ein und auch im Inneren spürt man den Stolz der Besitzer auf dieses ehrwürdige Prachtstück von Destille. 
Tasting-Room

 
Aufgrund fehlender Zeit war es nur ein Besuch im Shop/Verkostungsraum ohne Tour, kann ich aber trotzdem unbedingt empfehlen. Die Chivas Brothers haben hier wirklich einen feinen, klassischen stilvoll- einladenden Ort arrangiert, der natürlich eine Hausabfüllung parat hält: Distillery only, leider schon fertig abgefüllt und nicht selbst hand-filled, aber dafür ein fruchtig elegantes Bourbon-Fass, was mit seinen 57,8% Vol. bei 14 Jahren Reifezeit keine Wünsche offen lässt .
Weshalb die hälfte der Flasche dann auch schon dem "DevilShare" währrend der Reise zum Opfer gefallen ist ;)
Man kann bei der eigenen Flasche aber das Label selber beschriften und selbst draufkleben, immerhin.
Neben der Haus-Abfüllung gibt es natürlich diverse viel versprechende Flaschen aus der tollen Chivas Bros. eigenen "Cask Strength Serie" dort zu probieren (und kaufen). So verschwinden nach kurzer kostenfreier Kostprobe auch ein Miltonduff und ein Glenallachie in der Einkaufstüte. 
Anschließend galt es noch etwas die Bier/Cider-Reserven aufzustocken, also ab zum ortsansässigen Tesco. Und was soll ich sagen, spätestens da war dann klar: wenn man mal wieder kommt, dann mit Wohnmobil/LKW. Feinste lokale Biere & Cider zum niederknieen. Diese Auswahl hätt man auch gerne zu Hause.





Nun denn, zurück nach Dufftown und Autos abstellen. Denn nun stand ein weiteres Ausrufezeichen/Highlight auf dem Programm: 
The Balvenie Distillery!





Glücklicherweise bereits im Januar schon gebucht, war die Tour schon lange - eigentlich vor allen anderen Punkten der Reise - für diesen Tag fixiert.



 Und obwohl wir etwas früher da waren als gedacht, war unser Guide (Charlie) sofort voller Willkommens-Worte und hat uns erstmal im "Wohnzimmer" zu Café und Shortbread eingeladen.
Ein dicker Holztisch, extrem bequeme Ledersofas und eine Ur-gemütliche Atmosphäre ließen hier die Vorfreude auf den kommenden Nachmittag sofort steigen.
So kamen wir auch schnell ins Gespräch, schwärmten von tollen Balvenie Whiskies vergangener Tage und es begann ein unglaublich spannender Tag.
Gute 4 Stunden haben wir vor Ort alle Produktionsschritte genau begutachten können, alle Fragen loswerden können die so aufkamen und durchgehend ein tolles Gespräch auf Augenhöhe führen können, was ich so noch nicht erlebt hatte. 

Die Malting-Flure waren zwar leider nicht in Betrieb, da eine Woche später der jährliche Destillen Shut-Down statt fand, aber das tat der Laune absolut keinen Abbruch. Zumal man überall auch einfach spürt, dass hier alle Beteiligten Ihr Herzblut reinstecken und gerne an dem Balvenie Whisky
mitarbeiten (zumindest bilde ich mir das mal ein ;) ).



 




  


 









Ein tolles "Balvenie-Extra" ist während der Tour natürlich die hauseigene Küferei. Dort wird man mit einem massiven Defender hingefahren (bei dem Wetter auch ganz nett, da es zwischendurch in strömen gegossen hat) und kann den Männern dort bei der echt harten Arbeit eine Weile über die Schultern schauen. Klar, im Vergleich zur großen Speyside Cooperage eher ein Kindergarten, aber welche Destille hat schon die Möglichkeit, selbst den Einfluss auf das Holz zu nehmen, in dem der New Make letztlich lange lagern darf? Echt toll!







 In der Küferei gab es natürlich viel zu sehen und zu bestaunen. Nebenbei wurde uns dann auch der Mann gezeigt, der sozusagen DER Fass-Bauer überhaupt in Schottland ist. Ein riesiger Mensch von beeindruckender Statur. Der hat momentan nicht nur in der Speyside alle Hände voll zu tun, sondern fliegt in der Welt herum um den vielerorts aufploppenden Destillen zu zeigen, wie die Fässer zusammen gekloppt werden. Und das muss man echt ehrwürdig sagen: das ist zwar ein Knochenjob, aber trotzdem sind da auch wahre Künstler am Werk. Ich meine zu erinnern, dass die mind. zwei Jahre geschult werden, bevor Sie eigenständig die Fässer zusammensetzen dürfen. Und das sieht man dann auch: Jeder Handgriff sitzt und alles sieht bei denen einfach nur leicht aus. Geile Typen.





Und eben diese Mischung aus absolut professionellem Know-How, Eigenständigkeit in allen Bereichen (Balvenie gehört zu den letzten 6 Destillen, die prozentual auch selber Gerste anbauen und eigene Malting-Floors betreiben) und Persönlichkeit gipfelt in einem perfekten Speyside-Malt.
Dieser galt es am Ende der Tour natürlich noch auf Herz und Nieren zu prüfen.





Vorher ging es allerdings in das Dunnage-Warehouse der Destille (wo Sie ihre anderen Tausenden Fässer lagern wäre noch eine Frage, die es zu klären gilt). 
Aus welchen Gründen auch immer, waren Kameras und Handys hier (eigentlich) nicht erlaubt. Aber was sich hinter der dunkel roten Tür verbirgt, prägt sich auch so ins Gedächtnis ein, vermutlich für immer. Ein betörender Duft begrüßt die Nase und die Augen springen nur so zwischen den Fässern hinter und her. Ein paar richtig alte Barrels/Casks liegen dort fein aufgereiht zum bestaunen: 60er/70er Jahre/80er etc.. Wirkt natürlich alles etwas wie ein Show-Room, aber so stellt man es sich halt auch vor. Hier in der Destille wird Tradition und Handwerkskunst vermittelt und man freut sich nebenbei für die Engel, die sich hier ihren Platz eingenistet haben ;)

Neben dem Haufen an Infos, die eine solche Tour mit sich bringt, ist der krönende Abschluss ganz klar, die Möglichkeit, direkt aus dem Fass mittels Copper dog seine kleinen Hand-filled Flaschen (20cl) raus zu ziehen. Was für ein Spaß!!! So kann man wählen zwischen einem 2nd fill Borubon Barrel, 1st Fill Bourbon Barrel und einem 1st fill Sherry Cask (oder halt alle 3).
Den Spaß zahlt man natürlich extra (25£ pro Flasche), aber so einen Moment muss man ja nicht groß erklären. Pure Freude für einen Malt-Liebhaber. Hätt ich den ganze Tag machen können ;)
Nun, und da wir ja alle in der Balvenie Community Mitgleid sind (namens warehouse24), gab es noch ein kleines Extra-Bonbon: Charlie hat für unser abschließendes Tasting einen 34 Jahre alten Balvenie aus dem Warhouse24-Cask gezogen...Nochmal:  Balvenie, Fassstärke, 1st fill Sherry, 34 Jahre, direkt aus dem Fass...! Ich glaube da brauch ich ansonsten nix zu schreiben ;)

Rückblickend: durch Resie-Recherchen schon aus vielen Mündern hoch gelobt, und selbst unser B&B-Gastgeber Stuart sagte, "the Best Tour in Scottland"... und um es kurz zu machen: er hatte Recht!
Die Tour ist nicht ganz billig (im Vergleich zu anderen), aber man bekommt auch eben um vieles mehr als geboten! Die nehmen sich echt Zeit für die Freunde von Balvenie und eben das macht den Unterschied. Die Zeit!
Und zum Schluss kommt jeder ja auch auf seine Whisky-Quote. So wird noch ein Tasting geführt vom 12er Double Wood, über 12er Single Barrel, 14er Caribean Cask, 17er Double Wood und 21er Port Wood... UND den 34er Single Sherry Cask nicht zu vergessen. 



Also ganz klar: wer in die Speyside will  und sich fragt "wo mache ich am besten eine Tour?"... ohne Kompromisse: Balvenie!




  


 


Nach diesem wunderbaren Nachmittag war die Laune eigentlich auf dem Höhepunkt.
So galt es anschließend noch ezwas zu essen. Und was wäre ein Tag der Ausrufezeichen ohne das entsprechende Pub/Restaurant?
Eben, also ab ins Taxi gesprungen und eine kurze Strecke hinter sich bringen nach Craiggelaichie, ins welt-berühmte "Highlander-Inn" !

Betrieben wird dieses Pub/Hotel von einem Japaner, namens Tatsuya Minagawa, der in Fachkreisen auch als Whisky-Koryphae gilt.
Und mit so einem Fachmann im Hintergund ist dann auch schnell erklärt, was einem im Pub erwartet: eine beeindruckende Sammlung an Single Malts, die jedes Liebhaber-Herz höher schlagen lässt.

So sieht man hier Ichiro's Card Series, neben seltenen Macallan Abfüllungen, Glenfarclas Family Casks und vieles vieles mehr!
Große Teile dieser Sammlung sind natürlich unverkäuflich und nur als "Deko" presentiert. Gleichzeitig gibt es aber auch eine Fülle an spannenden und seltenen Flaschen, die offen und zum verkosten in der Bar zu finden sind.

Nach dem grandiosen Nachmittag bei Balvenie und der dortigen 34-jährigen Einzelfass-Kostprobe, ist es recht sehr schwer noch etwas zu finden, was da geschmacklich mithalten kann.
Aber da es im Highlander Inn auch meißtens eine hauseigene Abfüllung gibt, ist die Wahl dannd doch irgendwann getroffen: 
im Glas landet der 36-jährige Blend von Tatsuya Minagawa mit dem so herrlich bodenständigen Namen: "Oishii Wisukii" (japanisch) was so viel heißt wie köstlicher Whisky.
[Und nebenbei angemerkt: das Label für diese Abfüllung hat auch der japan. Designer entworfen, der auch diverse Flaschen-Etiketten für die weltberühmte Card-Serie von Ichiro gesatltet hat. Der Mann heißt Takeshi Abe]




Und das ist er dann auch ohne Zweifel. 
Ein perfekter Abschluss für einen perfekten Tag.
Das Abendessen passt sich dabei ebenso an und im Mund landet so noch ein köstliches Belhaven Bier und ein perfekt zubereitetes Fish & Chips...










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