Drams: Benromach 35 Jahre (43% Vol.)







Vor einiger Zeit ergab sich der Erwerb einer, für mich schon sehr besonderen Flasche.
Allein optisch lässt diese keine Wünsche offen:
Dicke, kantige Holzkiste.
Verziert mit einer dezenten, aber dabei sehr blickfangenden Fräsung. Ein einzelner goldener Tropfen, der das Gründungsjahr 1898 in sich trägt, glänzt in dem dunklen Holz, neben dem Schriftzug der Destille.
In der Kiste dann enthalten eine schwere, bauchige Flasche, mit beeindruckendem Gewicht (und das gilt auch für den massiven Korken). Gelabelt wurde mit einem zierlichen, fast schon unscheinbarem Etikett auf der Vorderseite, auf dem ein Name und eine Zahl besonders zum Vorschein kommen: Benromach und die satte 35!
Auf der Rückseite dann ein etwas breiteres Etikett, dass sogar von der Innenseite bedruckt wurde. So ergibt sich dem Genießenden ein Druckbild der Brennerei in Sepiafarben, wenn man von der Vorderseite durch die Flasche blickt.
Schnell wird klar: hier wird was geboten!





 Seit der Gründung im Jahr 1898 durch die Brüder Duncan und John MacCallum (von der Glen Nevis Distillery in Campbeltown) und F. W. Brickmann, durchlebte die Brennerei eine recht bewegte Geschichte.

Stilllegungen und häufige Besitzerwechsel waren alle paar Jahre an der Tagesordnung. Zwischenzeitlich lief die Brennerei auch über DCL (Distillers Company Limited), heute besser bekannt unter dem Spirituosen Giganten Diageo.

Mittlerweile (seit 1993) ist alles im Familien-Besitz des unabhängigen Abfüllers aus der Nachbarstadt Elgin, Gordon & MacPhail, der nun die Zügel in der Hand hält. Und das sehr erfolgreich.

Gekonnt und stilvoll hat sich diese Brennerei nun zu einem wahren Juwel gemausert. Dabei wirkt alles nicht protzig und aufdringlich, wie es manch andere Destillen von sich äußern. Eher durch Understatement und Qualität wird hier auf ganzer Linie gepunktet.







 Wie viele andere Destillen auch, hat so auch Benromach vor einigen Jahren einen Single Malt heraus gebracht, der voller Stolz und Erfahrung die Standar-Range abschließen soll.
Dieses besondere "Kleinkunstwerk" hat glücklicherweise auch mich erreicht und nun war es angesagt, hier mal einzutauchen.





BENROMACH, 35 JAHRE (43% Vol.)

Auge: orange-golden, gemütlich im Glas und mit dicken, ruhigen Leggs am Glasrand.

Nase: Saftige Orangenmarmelade aus vollreifen Früchten. Insgesamt stark verwobene Aromen. Winterliche Gewürze, wie Zimt und ein Hauch Kadarmom tauchen auf. Auf der einen Seite tiefe Fruchtigkeit, mit vitaler Süße, auf der anderen Seite ledrig, wie ein speckiger Pfeifen-Tabakbeutel und hölzern, ohne stechend oder überlagernd zu wirken. Assoziationen an alte Bauernschränke und spätsommerliche Obstplantagen kommen auf.
Mit jeder Nase zieht der Malt einen quasi tiefer in die eigenen Aromenwelt. Dabei stets lebendig und nicht nur auf eine Seite fesselnd. Über allem schwebt ein leicht erdiger, "verstaubter" Antiquariats Nebel. Unglaublich spannend...


Mund: ölig nimmt er nach und nach Oberhand im gesamten Mundraum. Samtig und unglaublich komplex werden süße Früchte wie saftige Erdbeeren und nussiges Eichenholz-Prickeln über die ganze Zunge gestrichen. Zartbitter Schokolade, Zwetschgenmus, Orangen, ZigarrenTabak. 
Sehr stark Speichel-anregend.
Man kann das Finish kaum erwarten...

Abgang: genauso ruhig wie er kommt, rutscht er langsam hinab und entfacht eine kraftvolle, durchgehend wohlige Wärme von Mund bis Magen. WOW! Was für ein Abgang!. Von der Zungenspitze bis in die tiefste Kehle glüht eine glimmende Wärme, die jeden Ofen quasi überflüssig werden scheint.


Fazit: Oberste Ober-Liga. Ohne Frage.
Ein absoluter Top-Single-Malt der alles bietet, was man sich erhofft... und darüber hinaus:
Komplexität. Gleichzeitig Vitalität und eine Aromen-Vielfalt die nicht zu enden scheint. Gekrönt mit einem bombastischen Finish hat man hier eine ganz besonderen Moment mit Single Malt Scotch Whisky.

Ein grandioses Beispiel dafür, das die Reifezeit eben doch viel mehr zu bieten hat, als eine Abfüllung mit hoher Alk.% Zahl.




Das.
Kann.
Whisky.

Slainte.



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