& more: Finch Whisky Tasting mit Hans-Gerhard Fink bei Whiskyle (10.04.2018)

 
"Deutscher Whisky?"
"Schmeckt der...?"
"Ich bleibe lieber bei den Schotten!"

Dies sind wohl ein paar erste Ausdrücke, die zu gerne dem Thema Whisky aus Deutschland anhaften und etwas an den Rand der "Genießerschaft" befördern. 
Ich gebe zu, auch ich bin in den letzten gut 10 Jahren eher auf den Geschmackspfaden Großbritanniens gewandert, als mich mit den einheimischen Produkten auseinander zu setzen. 
Dabei frage ich mich bis heute: warum eigentlich?

Umso neugieriger war ich, als es in Kiels 1. Whisky-Adresse, "Whiskyle - finest spirits in town", darum ging, finch Whisky von der schwäbischen Alb etwas genauer kennenzulernen. 
Dieses mal wurde das Tasting auch nicht wie sonst üblich, durch die beiden Geschäftsführer Marc-Björn Stock und Jens Schlünzen geleitet, sondern der Inhaber von finch Whisky selbst, Hans-Gerhard Fink, ließ es sich nicht nehmen, seine Produkte leidenschaftlich und ebenso charmant vorzustellen. 
Also ein vielversprechender Rahmen für etwas neues aus der alt bekannten Heimat...


Zu Gast waren an jenem Abend ca. 15 Neugierige Genießer, die anhand von 6 unterschiedlichsten Whiskyproben sowohl geschmacklich, als auch informativ durch viele spannende und amüsanten Anekdoten der Geschichte von finch geführt wurden. 
Und schon nach den ersten einleitenden Sätzen von Herrn Fink wurde allen schnell klar: hier steckt jemand viel Herzblut und ebenso mutigen Verstand in sein Produkt. 
Kam der Gründer der Brennerei doch eher wie er selber sagt, wie die Jungfrau zum Kind.
Als gelernter Landwirt mit anschließend abgeschlossenen Studium wurde Ihm zufällig die Brennerei auf´s Auge gedrückt, was er eigentlich nie geplant hatte. 
Somit war der Grundstein für einen Quereinstieg in das Thema Destillation gelegt.


Schon von Beginn an war seine Einstellung jedoch unumstößlich, dass es hier um ein regionales und sein eigenes Produkte gehen solle. Somit war allerdings auch ein kleines Problem vorhanden: Früchte gibt es auf der 700-800m hoch gelegenen Schwäbischen Alb nur in Form von Äpfeln, die eher für Most was taugen, als für delikate Brände.
Das Problem war allerdings schnell gelöst: so viel die Wahl der Frucht eben auf selbst angebautes Getreide! Und dabei kommt nicht nur Gerste, sondern auch Roggen, Weizen, Dinkel u. a. zum Zuge.
Denn Frucht von weiter her einzukaufen um sie dann zu seiner Brennerei zu tragen, kam nicht in Frage. 
Ein weiteres kleines Manko seinerseits, so erzählte Herr Fink, war das Thema Geduld. Für die Whiskyherstellung braucht man leider Geduld. Doch diese nicht ganz so stark ausgeprägte Tugend wird seit jeher in der Brennerei mit "gibst ihm etwas Zeit" umschrieben und auch das "Problem" war gelöst.

So erfuhren die Gäste, dass bereits seit 1999 der erste Spirit über die 3000l Pot Stills fließt. Und dabei ist alles nach wie vor zu 100% von finch selber angebaut und produziert: "vom Feld ins Glas", wie es so schön auf der Homepage heißt.
Seit 6 Jahren hat finch zudem eine Kapazität von 250.000l Whisky pro Jahr. Also 20-30 Fässer werden hier pro Woche befüllt. Und dabei handelt es sich neben dem zu 100% selbst angebautem Getreide, um ein sehr vielfältiges und von Beginn an sehr ausgeprägtes Fass-Management. So lagert der New Spirit in den unterschiedlichsten Weinfässern (aus vielen versch. Weinanbaugebieten Europas), Bourbonfässern, Ex-Ryefässer u.v.m. .
Durch eine Reise nach Madeira und eine dort getätigte Tour durch eines der Weinanbaugebiete, hat sich dort sogar ein Partner auffinden können, der von seiner Thematik viel Parallelen zu der von FINCH aufweist und somit durch einen weiteren Zufall auch die Möglichkeit ergab, auch die begehrten Ex-Madeirafässer zu beziehen.
Insgesamt liegen momentan etwa 4000 Fässer in den Warehouses der Brennerei.



Fast schon nebenbei genossen alle Gäste dann auch Ihre Kostproben. 
So begann der Abend geschmacklich mit dem "Classic". Zu 30% aus Gerste und 70% aus Weizen gebrannt und anschließend in 1st fill Weinfässer (rot & weiß) gelegt, ergibt sich hier ein süffig süßer Einstieg, der den Grundstein der Samples darstellt. Mindestens 5-6 Jahre alt und mit 40% Alc. ein angenehmer Starter.
Gefolgt von der "Destillers Edition". Mindestens 6 Jahre lang gereift, präsentiert sich hier ein etwas komplexerer und ausgefeilter Finch Whisky. 100% Weizen, gevattet durch Bourbon und Weinfässer (Chardonnay) und mit 42% Alc. abgefüllt.
Anschließend kam der erste Single Malt zum Zuge. Mit 5 Jahren Alter und komplett in Sherryfässern ausgebaut, hat diese Variante wie erwartet etwas mehr Ecken und Kanten zu bieten, die einige Parallelen zu irischen und schottischen Whisky auftauchen ließen.
Allen gemeinsam war dabei ein in sich sehr stimmiger roter Faden. Also ein klarer Brennereicharacter war bei allen spürbar und ließ Lust auf mehr ansteigen.
  

Und gerade das, ist Hans-Gerhard Fink auch so wichtig, wie er sagt, an seinem Produkt. Er möchte keine Fotokopie von schottischem oder irischem Whisky herstellen, sonder zu 100% ein eigenes Produkt abliefern.
Und das gelingt Ihm bei allen meiner Meinung nach sehr gut.
Spaßeshalber hat er bei dem einen oder anderen Wettbewerb auch seine Whiskies eingereicht, die oft auch bei Blindverkostungen in Schottland oder Irland "eingenordet" wurden, was dem sparsamen Schwaben natürlich das eine oder andere Lächeln auf die Lippen gebracht hat. Nach dem Motto: die Qualität kann sich ohne Probleme mit dem Wasser des Lebens aus Schottland messen.

Das Thema Wasser lässt sogar eine weitere Parallele zu Schottland zu, so Herr Fink. Denn genau wie bei vielen Brennereien aus Schottland, fließt auch das Quellwasser in der schwäbischen Alb durch Kalksandstein.  Eine der vielen amüsanten Anekdoten, die durch seinen schwäbischen Akzent und die leidenschaftliche Erzählweise sehr authentisch rüber kommen.

Die Erzählungen über die Geschichte der FINCH Brennerei haben durch Herrn Fink sehr viel Charme und zeugen von einer Menge Leidenschaft für das Produkt. So erklärt sich auch der irgendwann mutige Schritt, wenn man an dem Scheidepunkt ankommt, ob man bei einem Hobby bleiben will, oder das ganze als Business betreiben möchte. Doch das Potential hat gepasst, die Produktion wurde über die Jahre  und so musste dann auch ein Brandname her. Passenderweise sah Herr Fink an einem lauen Sommerabend zufällig zwei Finken (englisch: finch) an seinem Haus, und der Name war geboren.



Die zweite Reihe der insgesamt 6 Proben ließ das vielfältige Spektrum der Destille dann noch weiter auf sich wirken. So kam ein 6 Jahre alter Dinkel Whisky als 4. ins Glas. Ebenfalls mit 6 Jahren Reifezeit ohne seine jugendlichen Fehlnoten und durch eine Reifung in Portfässern wunderbar fruchtig und kräftig ausgebaut. 

Anschließend folgte ein 8 Jahre alter Weizen Whisky. Die erste Fassstärke des Abends und von den insgesamt 8 Jahren Lagerung, durfte dieser Spirit 3 Jahre als Zweitreifung ebenfalls in Portfässern genießen. Ein sehr kraftvoller und komplexer Whisky. Blind hätte ich den wohl kaum als Weizen-Brand eingestuft. Ein sehr schöner Whisky.

Als Schlusslicht der Kostproben kam dann das Thema Überraschungen zum Tragen. 
Das letzte Sample war nämlich über Jahre lang immer ein, wie Herr Fink sagte, "grausliches Fass", wo er nie gerne rangegangen war und es irgendwann in den Tiefen des Warehouses verschwand.
Nach insgesamt einer Dekade, war dann jedoch "überraschenderweise" ein neuer Whisky entstanden. 
Für Ihn sind hier die Wurzeln und der Werdegang von FINCH enthalten und es ist für Ihn ein perfektes Beispiel, dass ein gutes Team, auf das er sich verlassen kann, Ihm selber Geduld und Ruhe bringt und am Ende selbst ein "grausliches Fass", zu etwas besonderem werden kann.
Dieses Fass ist ein 2nd fill Finchfass, aus deutscher Eiche hergestellt, der Spirit besteht aus Weizen und Gerste und es wurde mit 51% abgefüllt. 
Leider gab es nur 372 Flaschen...
Ein sehr komplexer, toller FINCH Whisky, der mich an ältere Bourbons aus den USA denken lässt.
 
Die letzte Probe schließt dann auch die Reise zur FINCH Brennerei... zumindest fürs erste.
So gab es eine Vielzahl an Parallelen zu den alt bekannten Schotten zu entdecken und gleichzeitig auch die Erkenntnis, dass ein eigener Stil, immer noch der Beste ist.
So lebt die Whiskywelt, genau wie die Weinwelt, doch durch seine Vielfalt der unterschieldichen Länder/Regionen und FINCH WHISKY braucht sich meiner Meinung nach absolut nicht hinter den Schotten zu verstecken.
Ein klarer, eigener Stil ist in allen Abfüllungen zu schmecken und ich bin gespannt auf die nächsten Dekaden!
Vielen Dank an dieser Stelle nochmals an Herrn Hans-Gerhard Fink (+ seine mit angereiste Ehefrau) und das Team von Whiskyle.

Slainte
Ben






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