Die Siedlung des Glücks: Balvenie Tasting von und mit Jens Schlünzen



In den kieler Whisky- und Genießer- Kreisen ist das Wein- und Spirituosengeschäft "Martin´s Weindepot" in der Holtenauer Straße eine feste Größe und jedem ein Begriff.
Ebenso bekannt ist auch, dass hier regelmäßig Wein- und Whisky-Tastings angeboten werden.
Für den Bereich Whisky ist hier v.a. Jens Schlünzen der Experte, der am 18.05.2017 zu einem wunderbaren BALVENIE TASTING geladen hatte.
Da ich glücklicherweise durch einen Freund eine Karte bekommen hatte, ging es also geschmacklich wieder in "die Siedlung des Glücks".

Balvenie: Eine (wenn nicht sogar DIE) Perle unter den Speyside-Brennereien.
Nicht nur die Gebäude inkl. eigener Flor-Maltings und Küferei sind absolut sehenswert. Die Destille hat durch die legendäre Whisky-Persönlichkeit (Master Blender) David Stewart eine wegweisende Entwicklung für die gesamte Whisky Industrie hervorgebracht: das Finishen!
So erklärt unser Tasting-Dozent für den heutigen Abend, dass Balvenie durch den weltweit bekannten 12-jährigen Double Wood noch vor Glenmorangie das Finishen/Nachreifen in Serie gebracht hat.
Zuvor gab es den 10-jährigen Founder´s Reserve, bei dem zwar auch Bourbon und Sherry Fässer verwendet wurden, diese aber parallel reiften und schließlich gebatched wurden.
Der Double Wood (Anfang der 90er Jahre auf den Markt gebracht) war somit der erste Single Malt, der nach seiner Grundreifung von 10 Jahren in Bourbon-Fässern eine Nahreifung in Oloroso Sherry-Fässern erhielt. Dieser Whisky ist vermutlich einer der bekanntesten Single Malts, und so wundert es auch nicht, dass die Destille unter den Top Ten der Schottischen Verkaufszahlen seinen festen Platz hat.
  
Für das heutige Tasting ist diese Abfüllung also der gelungen Einstieg in die Geschmacks-Welt von Balvenie. Ist dies auch eine Flasche, die ich eigentlich immer in meinem Regal offen stehen habe. Ein sehr gefälliger, süffiger Whisky, der zu jeder Jahreszeit passt. Auch an einem Tag wie diesem, der tagsüber das Thermometer auf über 25°C hat steigen lassen. So wird der Mund auf angenehme Weise für die weiteren Proben vorbereitet.





Als zweite Kostprobe kommt dann eine Einzelfass-Abfüllung in die Gläser der ca. 20 Gäste.
Genauer gesagt ein weiterer 12-jährige, dieses mal aus dem Bourbon Barrel. Bei Balvenie wird dieser Whisky eigentlich immer wieder neu aufgelegt. Aufgrund der globalen Nachfrage, wird aber natürlich auch diese Flasche immer teurer. Leider, denn hier findet man einen puren, klaren und frischen Balvenie mit den typischen Honig- und Vanille-Noten. Immer mit 47,6% Vol. in die Flaschen gebracht, freut man sich hier über ein paar mehr Prozente. Es gibt diese Variante auch mit 15 Jahren Alter. Dann sowohl aus dem Bourbon als auch aus dem Sherry-Fass.
Zur Verwunderung aller wird dann auch das Sherry-Einzelfass mit "Single Barrel" etikettiert.
Wobei Barrel ja eigentlich immer die US Standard-Größe für Bourbon-Fässer ist.
Warum das bei Balvenie so gehandhabt wird, bleibt vermutlich auf ewig ein Geheimnis.

Das dritte Sample des Abends wird dann wieder ein Klassiker aus der Standard-Range. Der 14-jährige mit einem Rum-Fass-Finish namens "Caribbean Cask". Sehr weich und mild kommt er daher. Den Rum-Einschlag muss man schon etwas suchen, aber auch so bleibt es ein gefälliger und süffiger Single Malt.
Über die Herkunft und Lagerzeit der Rum-Fässer schweigt der Dach-Konzern Campari sich allerdings aus. Müsste man mal recherchieren welcher Rum dazu in Frage kommt.
Mit 43% abgefüllt, aber leider (wie auch der Double Wood) gefärbt und kühlgefiltert.




 Nach einer kurzen Pause ging es dann weiter und das gleich mit einer sehr vielversprechenden Flasche. Ein unabhängig abgefüllter Balvenie mit 26 Jahren Alter.
So wird uns von Jens erklärt, dass es kaum unabhängige Abfüllungen gibt und diese dann "offiziell" auch nur als Teaspooned Whisky verkauft werden dürfen. So enthält dieses Fass angeblich einen Teelöffel eines anderen Single Malts (wenn dann vermutlich Glenfiddich, der Schwester von Balvenie auf dem gleichne Gelände in Dufftown).
Ob das so stimmt oder einfach ins Reich der Sagen & Mythen gehört, sei einfach mal dahingestellt.

Der "Single Malt" wird somit auch unter anderem Namen geführt. Nun heißt der Balvenie halt Burnside.
Abgefüllt wurde durch den namenhaften UA Murray McDavid, der v.a. durch die Zusammenarbeit mit der WhiskyLegende Jim McEwan in der Szene allseits bekannt geworden ist.
Die Flasche stammt aus der relativ neuen Serie "The Vatting" und wird betitelt mit "Burn Taobh" (= gälisch für Burnside).
Stolze 26 Jahre lang lag der Tropfen in einem Bourbon-Barrel, bis er schließlich mit ein paar Tropfen Glenfiddch im Batch 1 abgefüllt wurde.
Überraschenderweise ist diese Kostprobe für alle 20 Nasen an diesem Abend "anders". Absolut lecker von Anfang bis Ende, aber eben auch schwer zu greifen bzw. zu berschreiben. So wirkt er anfangs sehr verschlossen und kommt erst nach einiger Zeit aus sich heraus. Ein paar Tropfen  Wasser bringen in die dann wieder eindeutig in Richtung Balvenie. Mit frischen Gräsern, Honig und warmer Vanille- Süße. 



Das Schlusslicht des Abends bildet dann noch ein wahrer Klassiker der Extraklasse. Der allseits belibete 21-jährige aus dem Portwein-Fass (Finish). Mit 40% (und leider auch gefärbt) wieder bei Balvenie´s "Schwachpunkt", also etwas dünner als sein vorgänger. Dafür umso wuchtiger und präsenter mit seinen Aromen: Eiche und Frucht schmeicheln sowohl der Nase als auch dem Gaumen. Das stattliche Alter trägt ihn ruhig über die Zunge und kleidet den gesamten Mund mit vollends aus.
Immer wieder ein Genuss und ein gelungener Abschluss.

Nach dem Tasting findet immer noch eine VErsteigerung der Restflaschen statt. Immer wieder ein Highlight und für den einen oder anderen dann auch das i-Tüpfelchen. So finden alle Flaschen neue Besitzer und der Abend geht glücklich zu Ende.

Fazit: 
Habe ich Balvenie in letzter Zeit zwar eher vernachlässigt, ist und bleibt diese Destille trotzdem etwas Besonderes. 
Nicht nur weil ich Sie seid 2016 auch durch eine tolle Tour in Erinnerung habe, sondern v.a. weil es eine der wenigen Destillen Schottlands ist, die entgegen des allgemeinen NAS-Trends durchweg ein Age-Statement auslebt.
Es gibt lediglich die besondere Linie der TUNs die keine konkrete Zahl auf der Tube zeigt. Hier wird aber absolut transparent aufgelistet, welche Fässer in diesen Batches miteinander vermählt werden. Mit etwas Recherche kann der neugierige Genießer dann auch die Fässer genau bestimmen und wird sicherlich nicht enttäuscht werden. Finden in den großen TUN-Fässern schließlich nur die besten Malts von Balvenie Ihre Vollendung.
So kann man nur hoffen, dass Balvenie auch weiterhin diese EInstellung vertritt und vielleicht auhc mal mit ein paar mehr Prozent und ohne Färbung seine Anhänger verwöhnt.... 

In diesem Sinne.
Slainte
B. B.

  

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