Die Welt der Whisk(e)ys: Jürgen Deibel führt durch ein Schlemmer-Tasting bei Edeka Hausschildt (Rendsburg)



 Der Whisky-Boom ist global und vielfältig spürbar. Es gab vermutlich keine Zeit zuvor, in der so viel Whisk(e)y weltweit produziert wurde wie in den heutigen Jahren. Von Irland über Schottland, Amerika und bis ins ferne Asien wird quasi "aus allen Rohren gefeuert".

 So ist es quasi selbstverständlich, dass auch im näheren Umfeld ein facettenreicher Umgang mit diesem Phänomen zelebriert und angeboten wird. Ein wunderbares Beispiel dafür ist das gerade durchgeführte Tasting im beliebten rendsburger Edeka-Supermakrt "Hausschildt".
Wer dort in die Spirituosen-Ecke pilgert sieht sofort, dass der Hausherr ein großes Herz für die Welt des Whisk(e)ys hat, welches sich in einem großen, vielfältigen Angebot und regelmäßig stattfindenden Tasting wiederspiegelt.


Letzteres wurde gerade am vergangenen Donnertag, den 23.02.2017, auf feinste Weise neu aufgelegt.
Gegen 19.00Uhr wurden die im Supermarkt integrierten Räumlichkeiten der Geschmaxspriaten für das Thema "Die Welt der Whisk(e)ys" mühe- und ebenso stilvoll umfunktioniert und haben für ca. 3 Stunden den ca. 40 Gästen einen tollen Abend, sowohl auf kulinarischer, als auch informativer Ebene, geboten.



Kein geringerer Whisk(e)y-/ & Spirituosen-Experte, sowie vielfach renommierter Fachbuch-Autor als Jürgen Deibel hat es sich nehmen lassen, auf amüsante, entspannt-weltmännische und erfahrungsreiche Art den Genuss-Suchenden einige geschmackvolle Momente zu gönnen.
Alle Gäste wurden durch das Team von Edeka und den Geschmaxspiraten freundlich in Empfang genommen und konnten mit einem Welcome-Longdrink (Ginger Ale gemixt mit Ingwersirup und Whisky, in diesem Fall ein Schuss von der Destillerie The Glenlivet namens Founders Reserve) Ihre zugewiesenen Plätze einnehmen und sich mit den ersten Whisky-Aormen auf den Abend einstimmen.




Eröffnet wurde der Abend dann kurze Zeit später mit ein paar Begrüßungsworten von Jan Bracker, dem Teamleiter der "Geschmaxpiraten", der mit seinen Köchen und Service-Leuten für die lukullischen Genüsse verantwortlich und sichtlich begeistert von der großen Whisk(e)y-Stammkundschaft war.

 Übergeben wurde das Wort dann an den Referenten des abends, Jürgen Geibel.
Seit 2013 ist er ernanntes Mitglied in der internationalen Whisky-Gesellschaft "Keepers of the Quaich"und schon seid langer Zeit in der Spirituosen-Szene eine feste Größe. Zudem weltweit bekannt durch seine Expertisen in Sachen Fachbücher und - Magazine, die u. a. eine Zusammenarbeit mit der  Legende Michael Jackson (✝2013) mit sich brachten.

Herr Deibel hatte für das heutige Tasting 8 verschiedene Whisk(e)y-Proben im Gepäck, die von Irland und Schottland die unterschiedlichsten Stile repräsentierten, und gespickt mit tollen Informationen & Anekdoten den geschmacklichen Rahmen absteckten.




Die ersten beiden Drams waren davon zwei irische Whiskeys.
Gilt das Land offiziell (zumindest aus Sicht der Iren) als Ursprungs-Quelle des "uisghe beatha", ist dies somit auch geschichtlich ein perfekter Start.
Der Stil der irischen Whiskeys ist durch seine dreifache Destillation und die teilweise Mischung aus gemälzter und ungemälzter Gerste (sowie anderer Getreidesorten, Stichwort Single Pot Still Whiskey) vergleichsweise mild-fruchtig und leicht zugänglich für den Gaumen.
Konkret waren die ersten beiden Proben der blended Whiskey Black Barrel der Destille Jameson und der Single Pot Stil Whiskey Redbreast mit 12 Jahren Alter.
Eine amüsante Anekdote zum Redbreast war dabei die Erläuterung des im Volksmund bekannt gewordenen Beinamen "Priest´s Bottle". So war diese Abfüllung im damaligen Irland der Lieblingswhiskey eines Priesters, welcher auch die Beichte der dort gläubigen Katholiken gerne mal "erleichtert" haben soll.

Von Irland ging es dann geschmacklich und informativ rüber ins nahe gelegene Schottland, dem Mekka und Ausrufezeichen der Single Malt Whisky Industrie.
Während des Vortrages wurde hier sehr deutlich, dass Jürgen Deibel schon dutzende Male dieses Land bereist und sich en Detail mit der Materie vertraut gemacht hat.
Die näheren Ausführungen zur Ihm sehr vertrauten Destille The Glenlivet wurden im Glas durch die Kostprobe "Founders Reserve" untermauert. Zwar ein sog. NAS Whisky (No-Age-Statement), also eine der neueren Abfüllungen, die aufgrund steigender Nachfrage und damit verbundener gekonnter Werbe-Strategien kein konkretes Alter offenbaren. Die Qualität dieses Produktes wird jedoch laut J. G. durch den Master-Destiller (und nicht durch die Buchhalter/Controller des Konzerns) garantiert und sei somit in keinster Weise "schlechter" als seine Vorgänger.
In der Tat ist dieser Schluck Whisky sehr gefällig in Nase und Mund und passt sehr gut in die Fortsetzung des irischen Geschmacks-Erlebnisses zuvor.

Der ergänzende Kontrast zum Ende der ersten Hälfte des Tastings und zum probierten Founder´s Reserve wird danach durch einen älteren "Bruder" aus der selben Destille gesetzt. Konkret kommt jetzt der 15-jährige Glenlivet zum Zuge, der durch ein deutlich spürbares Alter und damit verbundene Komplexität die Geschmacksknospen umspült. Dieser Single Malt wird u.a. in französischen Limousin-Fässern gelagert, die auch für die Reifung von Cognac genutzt werden. Insgesamt kommt so ein fruchtig-würziger und komplexer Speyside-Whisky auf die Zunge.


Ein besonderes Merkmal der Tastings bei EDEKA Hausschildt/den Geschmaxspiraten sind parallel zu den sehr professionellen Tastings auch die zum Whisk(e)y gereichten kleinen Snacks. Pro 4-Dram-Reihe bekommt heute jeder Gast eine kleine Platte bestehend aus Wurst/Schinken, Käse und Fisch. Angereichert durch Baguette und etwas Butter kann man zu dem Vortrag und den vorgestellten Proben noch die eine oder andere Happen genießen. Sehr lecker...




Nach einer kurzen Pause ging es dann in die zweite Probier-Runde.
Begonnen wurde diese dann mit einem Klassiker: und zwar dem 12-jährigen Strathisla.
Ein gefälliger Speysider aus der vermutlich am häufigsten fotografierten Destille Schottlands. Ist diese auch wirklich eine Augenweide mit Ihren markanten zwei Pagodendächern und dem malerischen Flair drum herum.
Diese Abfüllung wird mittlerweile mit 40% Vol. abgefüllt. Mit etwas Glück erwischt man aber noch die etwas ältere Abfüllung (dann noch mit 43% Vol.), die durch Ihr wirklich ästhetisches Design und die dunkel-grüne, eckige Flasche kaum zu übersehen ist.




Regional bleibt das Tasting anschließend noch in der Speyside. Führt Herr Deibel dann nämlich die Destille Aberlour ins Visier. In diesem Falle ebenfalls eine 12-jährige Abfüllung, die eine kleine Besonderheit mit sich bringt. So wird dieser Whisky "Double-Cask-Matured". Aber nicht wie man erst denken könnte, erst in Bourbon (ex-american-Oak) und dann in Sherry-Fässern. Nein, diese Abfüllung wird parallel in beiden Fassarten für 12 Jahre gereift und anschließend miteinander vermählt.
Und da die Destille sehr weite Brennblasen zur Produktion benutzt, die auch keinerlei Reflux-Bowl oder andere Charakteristika aufweist, die das Destillat eher weich werden lässt, kommt als Ergebnis ein wunderbar voller und körperreicher Whisky hervor.




Anschließend reist die Genießerschaft geschmacklich hoch in den Norden Schottlands. Konkret auf die Inselgruppe der Orkneys. 
In diesem Falle wird hier die Destille Scapa präsentiert. Mit der Abfüllung "Skiren", was so viel heißt wie "blauer Himmel", kommt also ein ebenfalls recht neuer Whisky ins Glas. Ausgebaut allein in 1st fill american Oak, hat dieser gleich eine immense Fruchtigkeit in der Nase, die mich sehr überrascht hat. War ich doch bisher den 16-jährigen aus dieser Destille gewöhnt, welcher jetzt durch den Skiren ersetzt werden soll. 
ABER: ich finde den Skiren doch besser! Welch ein angenehme Überraschung.
Auch diese Destille hat Jürgen Deibel schon mehrfach mit Gruppen besuchen können, und weiß daher die eine oder andere Besonderheit mitzubringen.
So wird uns ein Bild gezeigt, welches die besondere Brennblasenform beschreibt.
Diese war damals laut J. G. eher aus der Not heraus so entstanden, da die gelieferten Brennblasen für die Dächer der Brennhäuser zu groß waren. So wurde kurzerhand ein Teil der Brennblase abgeschnitten, die Öffnung mit einem Deckel zugeschweißt und ein neuer Arm angeflanscht.
Der Begriff dieser Brennblasen lautet "Lomond-Brennblasen" (Lomond Stills).
Diese können durch bewegliche Kupferdeckel unterschiedliche Destillat-Stile erzeugen, sind aber nicht einfach in der Bedienung, weshalb diese Form auch bei Scapa mittlerweile nicht mehr verwendet wird. Abschließend gönnt uns der Referent noch einen blended Whisky aus dem Hause der Chivas Brother´s.
Ein erwachsener 18-jähriger Chivas Regal, der ca. 40 verschiedene Whisky-Sorten beinhaltet. 
Durch die Ausführungen wird somit wunderbar deutlich, dass das sog. "blenden" (übersetzt mischen) eine besondere und hohe Kunst in der Whiskyproduktion ist. Dabei geht es nicht einfach ums "zusammen-kippen und umrühren" der diversen Fässer, sondern erfordert eine besonders geschulte und erfahrene Nase des jeweiligen Master-Blenders. Nur so kommt am Ende immer der gewünschte "Cuvée" oder die "Komposition" heraus, die alle verwendeten Solisten zu etwas größeren werden lässt. Die so genannte "Vermählung" der Blends dauert sie gerne auch mal mehrere Woche bis Monate bis schließlich das Endergebnis stimmig ist.

 Und so endet die Reihe der Kostproben mit einem sehr komplexen und gleichzeitig weichen Whisky.


Fazit: 
über die Jahre entwickelt der Whisky-Freund nach und nach seinen eigenen Geschmack und hat seine Vorlieben, klar. 
Das bringt oft mit sich, in eher spezielle und ausgefallene Richtungen zu driften. 
Man sollte sich meiner Meinung nach aber davor hüten, den sog. "Standard-Abfüllungen" der einzelnen Destillen komplett den Rücken zu zukehren. Dieser Abend hat in dieser Proben-Reihenfolge und angereichert durch viele amüsante und lehrreiche Informationen bestens bewiesen, was auch hinter diesen "Einsteigern" steckt. 

Der Aufbau des Tasting hatte einen wirklich gekonnten roten Faden und hat sowohl historisch, als auch rein informativ und geschmacklich perfekt gepasst.
Man hat von der ersten Minute gespürt, dass der Referent dieses Thema seit Jahrzehnten verinnerlicht und perfektioniert hat.
Der Vortrag war durchweg entspannt, aber gleichzeitig ebenso gekonnt mitreissend.

An dieser Stelle also besten Dank noch mal an Herrn Deibel für diese Reise durch ein paar Ecken der Whisk(e)y-Welt. 
Ich bin sehr gerne wieder bei einem Ihrer Tastings dabei.   




 
Slàinte
B. B.







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