& more: Raritäten Tasting in Holzbunge bei Whisky Krüger (12.10.2018)




So manch ein Tag im Whisky-Kalender hat es wirklich in sich und sorgt für sehr besondere Erinnerungen.
Der vergangene Freitag, war einer davon.
Im Zuge der 3. Whiskyfair in Holzbunge bei Whisky Krüger fand ein Raritäten Tasting statt, zu dem sich ca. 25 Gäste aus Nah und Fern versammelten.
Allein der Ort des Geschehenes hätte dabei nicht stimmungsvoller gewählt werden können. Im hauseigenen Museum, in dem mehrere Tausend Exponate aus der privaten Sammlung von Herrn Thomas Krüger zu betrachten sind, fand man sich ein und nahm Platz. Der Blick fiel dabei geradewegs in Richtung der Vitrinen mit der Aufschrift "Treasures of the past".
Davor standen bereits die 6 kommenden Abfüllungen, die jede für sich schon eine kleine bis große Kostbarkeit symbolisierte. Und im Zusammenspiel wirkte alles (allein für´s Auge schon) wie eine 6-Sterne-Zeitreise, die alle Gäste an diesem Abend bis über 100 Jahre zurück versetzen sollte.




Als Starter gab es einen älteren Blend aus dem Hause White Horse. Abgefüllt in den 60ern, noch mit tin cap Verschluss, was damals noch oft üblich war. Welche Destillen enthalten sind, kann man dabei leider nicht sagen, aber da die Flasche aus den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts stammt, wäre evtl. sogar möglich, dass die geschlossene Destille Malt Mill enthalten ist, so Herr Krüger. Ein aufregender Gedanke...
Preislich war es damals ein ganz "normaler" Standardblend und um die 12-15DM. Qualitativ, nun ja, eine ganz andere Liga als die heutigen "Standards". Rund und fruchtig-leicht, weich, gleichzeitig vergleichsweise komplex und mundfüllend mit schönem Abgang, der nachklang. Die White Horse Blends gibt es aus den damaligen zeiten mal rauchig und mal nicht rauchig. Je nachdem was gerade so vom entsprechenden Masterblender so komponiert wurde. In diesem Fall war es ein nicht rauchiger. Herrlich so einen "Überraschungswhisky" mal probieren zu können.




Mit der zweiten Probe ging es dann in die Highlands, zu einer Destille, die auch für Herrn Krüger die erste Berührung mit Single Malts war. Sein erster (Anfang der 70er) war damals der 10-Jährige Glenmorangie, heute gab es eine Travel Value Abfüllung von 1974 (bottled 2000). Ein feiner, weicher Single Malt, ohne große Ecken und Kanten und mit stets Honig-süßer Nase. Überraschend trocken im Geschmack mit Sherry-Noten erfuhr man hier einen beeindruckenden Vergleich zur heutigen Qualität dieser Brennerei. Insgesamt zwar nicht sonderlich vielschichtig, aber dennoch eine köstliche Ergänzung zum Starter.




Die dritte Abfüllung des Abends, stammte aus einer mittlerweile geschlossenen Brennerei, geografisch den Lowlands zugehörig. Optisch allein schon ein besonderer Hingucker: sowohl die Kiste als auch die Dekanter-Flasche sind in tiefem Schwarz mit goldener Aufschrift gehalten. Gemeint ist natürlich der unverkennbare Littlemill, Release 2, mit 21 Jahren Alter. Vor ein paar Jahren abgefüllt (2014) mit eher ungewöhnlichen 47% Vol. präsentierte Herr Krüger hier einen typischen Lowland Whisky, der mit einer beeindruckend fruchtigen Nase viele der Gäste schnell überzeugen konnte. Mit jedem Atemzug anders und tieferziehend. Gräser, Vanille, Melonen, Äpfel und weitere süße Früchte wie Pfirsiche bishin zu Pfeifentabak deuteten dabei auf exellente Bourbon-Fässer hin. Vermtlich sogar Fässer, die aus sehr alten Eichen gefertigt wurden. Von wem diese Bourboncasks stammen, bleibt aber wohl leider für immer ein Geheimnis.
So ließ Herr Krüger es sich nicht nehmen, auch den Rest der Flasche an die Runde verteilen zu lassen. Herrlich!




Konnte man sich zu diesem Zeitpunkt keine größere geschmackliche Steigerung vorstellen, ging es dann weiter zu Probe Nr. 4. Und die war dann ein wahrhaftiger Moment flüssiger Geschichte. Geöffnet wurde nun ein  "Special Old Reserve" Kentucky Bourbon der Firma "The American Medicinal Spirits Company".
Erinnerte die Aufmachung doch eher an Apotheker-Flaschen vergangener Zeiten, hatte dies auch seinen guten Grund. Es folgte ein Whiskey aus Zeiten, zu denen in den USA der Konsum von Alkohol gesetzlich verboten war, und lediglich über Apotheken (mit Rezept) beziehbar war.
Gemeint ist natürlich die Zeit der Prohibition (1920-1933). In Jahren gesprochen kam nun ein Whiskey, der 1917 gebrannt und 1932 abgefüllt wurde.
Der Gedanke alleine, einen Whiskey trinken zu können, der über 100 Jahre alt ist, ließ einen schon die Mundwinkel hochtreiben.

Die Nase war dabei schon fantastisch! Definitiv nicht mit heutigem Whisky zu vergleichen hatten die Geruchsrezeptoren allerhand zu tun. Unglaublich komplex, tief und vielschichtig, mit feinen Lederaromen und medizinischen Noten (z.B. Echinacin).  Waren hierbei eher Roggen und Mais die Hauptbestandteile, so kamen neben einer starken Süße auch Kräuter und Pfefferminze, sowie Eukalyptus zum Vorschein. Dies ist unter anderem auch darin begründet, dass in Zeiten der Prohibition Pfefferminz- und Eukalyptusöle mit beigemischt werden mussten, um Whiskey für medizinische Zwecke verkaufen zu dürfen. 
Der Abgang war durchgehend wärmend und lang, trotz des jungen Ursprungsalters von 5 Jahren.
Was für ein spannendes Erlebnis und definitiv unwiederbringlich. Daran hätte man auch gut und gerne den ganzen Abend riechen können.




Die 5. Kostprobe des Abends war regional ebenfalls in den USA angesiedelt. Und genauso wie die vorherige Flasche wurde den Gästen hier eine sehr besondere Flaschenform präsentiert, die im ersten Moment eher an Ahornsirup erinnerte, als an Whiskey. Es handelte sich um einen Straight Bourbon Whiskey mit Namen "Boots & saddle" aus Kentucky. 1940 produziert und vermutlich zwischen 1944-1946 abgefüllt (das Jahr ist der Flasche nicht konkret entnehmbar).
In der Nase wirkte dieser ebenfalls geschichtsträchtige Whiskey aus längst vergangenen Tagen zunächst verschlossen, kam aber nach und nach auf spannende Aromen. Wallnüsse, Haselnüsse und typische Bourbon Noten ("Klebstoff") und im Mund unerwartet sehr trocken.



Nach der geschmacklichen Exkursion in die USA der 20er - 40er Jahre, landete die Zeitreise schließlich wieder in Schottland, genauer gesagt in Campbeltown. Und wie ein Ausrufezeichen am Ende eines bedeutsamen Satzes, stand dort ein massive Holzkiste mit 2 prägnanten Schriftzügen: Springbank 1966!
Eine Flasche , die zur berühmten und beliebten Local Barley Serie gehört, die heutzutage von der Destille wieder aufgegriffen wird. Damals wurden noch Einzelfässer abgefüllt, in diesem Fall ein Bourboncask (#475), in fassstarken 52% Vol. und im Jahr 1996 mit 30 Jahren Reifezeit.
Für mich der bis dato der älteste Springbank Whisky und dann auch noch aus dieser Serie. Eigentlich ein Single Malt, an den ich nie gedacht hatte mal kosten zu dürfen. Eine beeindruckende Flasche, zweifelsohne, und auf dem heutige Welt-Sammlermarkt sehr begehrt!
Und genau wie beim Whiskey aus der Prohibitionszeit, fällt es schwer dabei auch nur "annähernd objektiv" zu probieren. Es war natürlich ein wahrer Genuss und ebenfalls ein kleiner, großer Moment für die Ewigkeit ;)
Herr Krüger erzählte, dass es von der Local Barley Serie ursprünglich 50 Fässer/Abfüllungen gab, wovon 3 bisher nie auf dem Markt erschienen sind. Diese wurden für Taiwan reserviert und schlummern mittlerweile vermutlich in irgendeinem Keller, eines glücklichen Menschen...



Zunächst ebenfalls eher verschlossen in der Nase, kamen nach und nach frische zitrusfruchtige Aromen wie Grapefruit, gepaart mit starken Eicheneinflüssen. Absolut beeindruckend!
Im Mund dominierten v.a. Vanille mit Eichenwürze und alles war trotz des Alters immernoch sehr lebendig und kraftvoll.
Ein passender Geschmack für eine kleine Überraschung: Herr Krüger hatte extra für diesen Single Malt noch kleine Kuchen mit Crème Brûlée Füllung für die Tasting-Gäste kreieren lassen. Diese wurden von der Konditorin (Frau Luckwaldt) frisch serviert und mit herzlichem Applaus empfangen. Somit fand dieser einzigartige Whisky einen perfekten Gegenspieler auf Augenhöhe. Diese Kombination aus robustem Bourbonfass-Springbank aus den 60ern und der süßen, flambierten Creme (mit Madagaskar-Vanille), ließ sämtliche Geschmacksknospen nahezu glühen und vor Freude tanzen.
Ein kleines, nein großes Kunstwerk für die Sinne.




 
An dieser Stelle waren eigentlich alle Teilnehmer/-innen schon wunschlos Glücklich. So verschwand Herr Krüger für einen kurzen Moment und zauberte noch schnell ein 1989er Family Cask der Glenfarclas Destille auf den Tisch und in die Gläser. Somit gab es noch ein sattes, klassiches Sherry-Single Cask als Kontrast zum vorherigen Bourboncask. Für mich persönlich eine Sahnehäubchen auf der Kirsche dieses Menüs. Ist die familiengeführte Brennerei aus der Speyside doch meine liebste.

Und so endete das 7-Sterne Menü. Eine wundervolle, einzigartige Reise durch die verschiedenen Dekaden und Jahrhunderte der Whisk(e)y-Historie. Ein wahrer Hochgenuss für die Sinne, der dem Credo des Hauses "enjoy the taste" alle Ehre machte.

Der Gastgeber hat mit seinem Team wieder einmal durch viel Charme, spannende Geschichten und amüsante Anekdoten alle Tasting-Teilnehmer rundum glücklich bekommen und einen (für mich in dieser Kombination von Köstlichkeiten) unwiederbringlichen Abend gezaubert.
Es bleiben aber eine Menge unvergesslicher Eindrücke, an die ich immer wieder gerne dran zurück denke.


Slainte mhath
BB 






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